Die Oper MARTHA

Die vier Akte Martha oder der Markt zu Richmond

Die Originaloper spielt in Richmond England zur Zeit von Königin Anna von England (1702-1714)

 

I. Akt

Lady Harriet Durham langweilt sich. Ehrendame der Königin zu sein, kann eine lebhafte, kapriziöse, junge, aber nicht mehr ganz so junge Dame geistig und seelisch nicht ausfüllen und schon gar nicht persönlich erfüllen. Da bleibt die Einsamkeit, das Sich-in-edler-Melancholie-Einhüllen. Blumen und Geschenke von Lord Tristan Mickleford bedeuten der Lady nichts. Der Lord ist ihr Vetter, ein durchaus standesgemässer Verehrer und Heiratskandidat. Nancy weiss, dass die Liebe wohl Heilung der Schwermut sein könnte, aber fade Liebelei und höfische Schmeichelei mag Harriet nicht, nichts erfreut ihren Sinn. Sir Tristans werbende Bemühungen bleiben erfolglos, werden gar als lächerlich angesehen. Doch als draussen singend die Mägde nach Richmond vorüberziehen, horcht die Lady auf. Da scheinen Menschen einfach vergnügt und glücklich zu sein. Unerkannt möchte die Lady dabei sein. Tristan findet das albern, und das fordert den Trotz der Lady heraus. Bauernkleider von der letzten Maskerade sind gerade zur Hand, und schon lehren Lady und Nancy den Lord einen Bauerntanz, denn er soll sie als «Bauer Bob» zum Markt begleiten. Auf dem Marktplatz zu Richmond treffen die Mägde und Pächter ein. Plumkett und sein Pflegebruder Lyonel hängen sehr aneinander. Nach dem Tod der Mutter suchen die Junggesellen Frauen für die Hauswirtschaft. Niemand kennt Lyonels Herkunft, sein Vater starb als unbekannter Verbannter, gerade dass er seinen kleinen Sohn in die Obhut der Eltern Plumketts geben konnte. Nur ein geheimnisvoller R i n g blieb, der in höchster Gefahr Lyonel vor der Königin rechtfertigen soll. Doch nicht nach höfischem Glanz streben die beiden jungen Männer, sondern nach dem Glück im stillen Leben. Die Mägde preisen ihre Fähigkeiten und finden Dienstherren. Plumketts und Lyonels Blicke fallen auf Lady Harriet und Nancy, denen es durchaus gefällt zu gefallen. Nach schüchterner Überwindung engagieren die Männer die Mädchen, die alles für Spass und Spiel halten, gar nicht merken, dass es um Arbeit geht und die Pächter für «blöde Schäfer» halten. Das Handgeld nehmen sie aber – damit ist der Handel rechtlich verbindlich. Jetzt wird es für Harriet doch gefährlich, es droht ein Skandal, die Damen dürfen nicht mehr zurück, sie müssen mit auf den Gutshof, sind für ein Jahr in Dienst genommen.

 

II. Akt

Die Mädchen – Martha und Julia, wie sie sich jetzt nennen – merken nun, wie hart sich der Spass straft. Solch störrische, stolze Mägde hat man noch nicht gesehen. Können sie, wollen sie gar nicht arbeiten? Plumkett versucht es fordernd, Lyonel eher bittend. Aber auch der energische Plumkett ist verblüfft, als sich die Mädchen nicht einmal mit dem Spinnrad auskennen. Die irritierten Junggesellen unterrichten die verkleideten Mägde im Spinnen. Als Martha mit Lyonel plötzlich allein ist, offenbart er ihr seine treue Liebe und macht ihr einen Heiratsantrag, den die Lady mit Spott und auch angsterfüllter Berührtheit zurückweist. Plumkett streitet sich heftig mit Nancy-Julia, aber es funkt doch zwischen den beiden mehr, als es dürfte… Endlich geht es zur Nachtruhe. Da kommt Lord Tristan gerade recht, die Damen aus ihrer peinlichen Lage zu befreien. Plumketts Knechten gelingt es nicht, die Flüchtigen wieder einzufangen.

 

III. Akt

Wochen später tröstet Plumkett sich mit kräftigem Bier in der Gastwirtschaft. Da kommen die Hofdamen auf der Jagd vorbei. Prompt läuft Nancy Plumkett in die Arme, der sie als durchgegangene Magd festhalten will. Doch unversehens wird er von den Jägerinnen bedroht wie ein Wild und muss sich davonmachen. Lyonel trauert um Martha, all sein Glück ist dahin, seit sie fort ist. Aber die Lady ist ganz nah, auch sie ist traurig und will allein sein. Angsterfüllt fühlt sie den unlösbaren Widerspruch zwischen Sehnsucht und Verweigerung. Als ihr Lyonel entgegentritt leugnet sie, ihn zu kennen. Das Recht des Herrn über die Magd steht gegen die Empörung der Lady über einen Knecht – ist das ein Traum, ein Albtraum oder schon Wahnsinn? Aus Panik vor einem Skandal erklärt die Lady Lyonel zum Geistesgestörten. Lyonel begreift das böse Spiel, das mit ihm gespielt wurde. Sein Herz bricht an diesem Schmerz. Aber auch Lady Harriet versteht allmählich, was sie Furchtbares angerichtet hat: sie vernichtet das Leben des Mannes, den sie doch liebt. In höchster Not gibt Lyonel den Ring des Vaters an Plumkett, damit dieser ihn der Königin präsentiert.

 

IV. Akt

Durch den Ring ist offenbar geworden, dass Lyonel der Sohn des zu Unrecht verbannten und inzwischen völlig rehabilitierten Grafen von Derby ist. Für die Lady ist er jetzt ebenbürtig, und sie hat beschlossen, nun die Wunde zu schliessen, die sie selbst in Lyonels Seele schlug. Dieser aber ist in seiner Verzweiflung nicht mehr ansprechbar. Als Graf Derby verschmäht er Harriets dargebotene Hand, zu tief ist seine Verletzung. Es scheint keinen Weg zurück zu geben. Plumkett und Nancy haben es da leichter, zueinander zu finden. Lady Harriet arrangiert die Markt-zu-Richmond-Situation von Neuem. Als Martha verkleidet tritt sie Lyonel entgegen, dem höfischen Glanz entsagend, ganz will sie dem treuen Geliebten ihr Leben weihen. Für Lyonel strahlt das Himmelsglück, und alles wird gut. Jedenfalls für den Moment der Utopie, wie nur das Theater zu formulieren, die Musik auszusprechen vermag, dass das Glück Wirklichkeit wird und die Liebe Beständigkeit hat.

Georgia Eilert